Per Lastenrad durch die Galaxis
Das neue Buch von Ruth Grützbauch entführt uns ins mobile Pop-Up Planetarium und auf eine Reise zu den Galaxien unseres Kosmos. Mit viel Gefühl und Sympathie beschreibt sie ihren persönlichen “astronomischen Weg” sowie die faszinierende Welt der Galaxien unseres Universums.
CORONA bedingt saß ich im Sommer 2020 vor meinem Bildschirm in Wien, um an der Online-Tagung der International Planetarium Society (IPS) teilzunehmen. In einem der Meetings ging es um das Thema der mobile Planetarien, und hier fiel mir gleich zu Beginn die Präsentation der österreichischen Astronomin Ruth Grützbauch auf, die begeistert über ihre Erlebnisse und Aktivitäten in einem mobilen Planetarium in den USA berichtete. Ihre Präsentation und Begeisterung für die Vermittlung der Astronomie inspirierte mich, dass ich sie wenig später zu einem Meeting unserer österreichischen Planetariums-Gesellschaft (GÖP) nach Judenburg einlud. Ruth folgte meiner Einladung und so trafen wir uns schließlich im Herbst 2020 in der Steiermark. Das Konzept des mobilen Planetariums gefiel uns so gut, dass wir eine Zusammenarbeit im Rahmen der ESERO Lehrer*innen Fortbildungen initiierten. Ruth kannte zudem auch unsere ESERO Managerin Bettina Anderl vom Studium der Astronomie in Wien und so war die Zusammenarbeit fixiert. Im Sommer 2021 war es dann soweit und wir starteten die erste ESERO Fortbildung gemeinsam mit dem Pop-Up Planetarium. Los ging es von Wien aus zu den Sternen und durch die Galaxis, wenn auch das Lastenrad diesmal nicht dabei war. Nach 90 Minuten im All, oder besser im Planetarium, waren unsere Teilnehmer*innen begeistert, aber auch ziemlich erschöpft. Denn ein Besuch des Pop-Up Planetariums macht müde und erfordert Ausdauer im Boden-Sitzen.
Wie die Erzählungen und Schilderungen von Ruth Grützbauch im Planetarium Begeisterung bei ihren Besucher*innen wecken, so vermittelt auch das vorliegende Buch ihre Liebe zur Astronomie und im Speziellen zur Vermittlung der Wissenschaft von den Sternen an die Öffentlichkeit. Geschickt und spannend verbindet sie ihren eigenen beruflichen Ausbildungs- und Lebensweg mit der Erzählung über die Erforschung des Kosmos, immer aus dem Blickwinkel der Welt der Galaxien.
Wir starten am Jodrell Bank Discovery Center südlich von Machester in Großbritannien und erfahren sogleich mehr über unsere eigene kosmische Heimat, die Milchstraße. Danach nimmt uns Ruth mit auf ihre Reisen nach Chile und Hawaii. Ich Chile befinden sich die größten und bedeutendsten professionellen astronomischen Observatorien der Erde. Schon Ende der 60er Jahre baute die Europäische Südsternwarte in der Nähe von La Serena ihr erstes Observatorium auf dem Berg La Silla. Wir erfahren mehr über unsere Milchstraße, galaktische Spiralarme, welcher Galaxientyp wir sind und welches Monster sich im Zentrum unser eigenen Galaxie verbirgt. Danach brechen wir mit Ruth nach Big Island auf Hawaii auf. Dort führt uns unser Weg bis zum Gipfel der astronomischen Forschung auf „Mauna O Wākea, the astonishing Mountain, that stands in the calm“. Wir erfahren, wie es sich auf über 4000 Metern Seehöhe anfühlt am UK Infrared Telescope zu beobachten, blicken in die Kindheit der Galaxien, sehen das Unsichtbare und dunkle Ecken im Universum. Erneut geht es Richtung Süden nach Chile, diesmal führt uns unsere Reise ans weiter nördlich gelegene Observatorium von “Cerro Paranal” im Herzen der Atacama Wüste. Hier befindet sich seit gut 20 Jahren das Very Large Telescope (VLT) der ESO, vier 8,2m Spiegelteleskope modernster Bauart. Astronom*innen nennen Cerro Paranal auch gerne den „Olymp der modernen Astronomie“. Großartige wissenschaftliche Ergebnisse sind diesen Teleskopen, den ESO Mitarbeiter*innen und Astronom*innen zu verdanken. Die Physik-Nobelpreise der Jahre 2019 und 2020 sind eng mit jahrelangen Beobachtungskampagnen der Preisträger am Observatorium verknüpft. Aber auch das Hotel der Astronom*innen, die Residencia, machte 2008 von sich reden, als James Bond und sein Widersacher Dominic Greene hier im Finale aufeinander trafen. So gibt es auch für uns ein “Quantum Trost”, dass die Residencia trotz Inferno am Ende des Filmes noch immer unbeschadet in der Wüste unter den Teleskopen steht.
Kurz geht es zurück nach Wien und zur Verteidigung von Ruth’s Doktorarbeit. Alles gut, alles geschafft – Gratulation! Jetzt aber nichts wie weg und zurück zum Urknall. Astronom*innen beobachten ja nicht nur von Observatorien auf der Erde sondern auch aus dem Weltall aus. Besonders bekannt ist hier das Hubble Space Telescope der NASA und ESA. Nicht immer stand es gut um diese „fliegende Sternwarte“ und wir erfahren von den schwierigen Zeiten zu Beginn der Mission und welche Bedeutung die ESA beim Projekt hatte und noch immer hat. Am Ende geht es noch einmal zurück an den Anfang und in den großen Hörsaal des alten Physikinstituts in Wien. Große Geister der Wissenschaft haben hier die Atmosphäre geprägt. Ein paar Grundsätze und Überlegungen zur Kosmologie, der Lehre vom Universum als Ganzes, strapazieren noch einmal unsere ganze Aufmerksamkeit. Nun ist aber die Zeit vorüber und die Gruppe stapft hinaus in die helle Realität des Tages. Kurz später fällt das Universum in sich zusammen, oder war es nur das Pop-Up Planetarium von Ruth?
“Per Lastenrad durch die Galaxis” ist ein sehr persönliches Buch über berufliche Erlebnisse ihrer Autorin, verbunden mit einer allgemein verständlichen Erzählung über unser Wissen von den Welteninseln und ihren Wechselwirkungen im Kosmos, den Galaxien. Für mich war es eine Freude bekannte Dinge aus einer neuen Perspektive zu lesen, aber auch viel Neues und Unbekanntes zu fahren. Ich wünsche Ruth und ihrem Buch viel Erfolg und weiterhin viel Freude bei der Vermittlung der Astronomie an die Öffentlichkeit, vor allem mit dem mobilen Pop-Up Planetarium.